Ein Beitrag von
Andreas Wegmann
Veröffentlicht am
02.09.2025
Aktualisiert am
02.09.2025
Lesezeit
2 min
Die EU hat mit dem SEPA Instant Credit Transfer (SCT Inst) ein weltweit einzigartiges System geschaffen: Über das TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) können Zahlungen in Echtzeit zwischen rund 450 Millionen Konten im Euroraum abgewickelt werden. Ab Oktober 2025 sind alle Banken im Euroraum verpflichtet, SCT Inst anzubieten – und zwar ohne Zusatzgebühren.
Was bedeutet „Echtzeit“ wirklich?
Viele Verbraucher empfinden Kartenzahlungen oder PayPal-Transaktionen bereits als „Echtzeit“. Tatsächlich erhält der Händler dabei nur eine Bestätigung, nicht aber das Geld. Die endgültige Gutschrift kann Tage dauern. Mit SCT Inst fließt das Geld dagegen innerhalb weniger Sekunden von Konto zu Konto.
Chancen für Unternehmen und Handel mit SCT Inst
Seit 2018 verfügbar, gewinnt SCT Inst mit der Abschaffung des bisherigen Betragslimits (derzeit 100.000 Euro) ab 2025 zusätzliche Relevanz, insbesondere für Unternehmen. Auch am Point of Sale (POS) kann es als Alternative zu Kartenverfahren eingesetzt werden. Der Handel könnte hier stark profitieren: Die Transaktionskosten sind minimal, weil nur ein Buchungsposten bei der eigenen Hausbank anfällt. Im Vergleich zu Kartenorganisationen, die bis zu drei Prozent des Umsatzes einbehalten, ist das ein enormer Kostenvorteil.
Strategisches Ziel: Unabhängigkeit von US-Systemen
Mastercard, Visa und PayPal dominieren seit Jahrzehnten den europäischen Zahlungsverkehr. Diese Abhängigkeit birgt geopolitische Risiken. Mit SCT Inst will die EU eine eigene Infrastruktur schaffen, die unabhängig macht und langfristig Kosten senkt.
Grenzen und Herausforderungen
SCT Inst ist kein vollständiges Payment Scheme. Banken fehlt der finanzielle Anreiz, da sie im Gegensatz zu Karten keine Gebühren vereinnahmen dürfen. Konsumenten ändern ihr Bezahlverhalten nur langsam, und auch Händler sind oft zögerlich, neue Verfahren einzuführen. Die Initiative muss daher von denjenigen kommen, die direkt profitieren: dem Handel.
Ein weiteres Hindernis ist die Usability: Niemand tippt gerne IBANs ein. Hier helfen QR-Codes („Girocode“) nach EPC-Standard, die von fast allen Banking-Apps gelesen werden können. Damit lässt sich eine Zahlung fehlerfrei und bequem auslösen. Push-Nachrichten über eingehende Umsätze können direkt in Kassensysteme integriert werden – ein entscheidender Schritt für den Praxiseinsatz.
Einsatzszenarien und Innovationspotenzial
SCT Inst eignet sich besonders:
- für Soloselbstständige, kleine Händler und Saisonbetriebe ohne Kartenterminal,
- für große Beträge (z. B. Gebrauchtwagenhandel),
- für Peer-to-Peer-Zahlungen zwischen Privatpersonen (statt PayPal oder Wero).
Auch im öffentlichen Sektor könnte SCT Inst helfen: Würden Kommunen und Behörden Girocodes auf Rechnungen und Bescheiden nutzen, könnten Zahlungen direkt am Schreibtisch des Sachbearbeiters erfolgen – effizient und gebührenfrei.
Konkurrenz und Zukunft
Parallel entsteht mit Wero, einem Bankenverbund, ein neues Payment Scheme, das auf SCT Inst basiert, aber zusätzliche Gebührenmodelle für Banken vorsieht. Ab 2026 soll es auch am POS nutzbar sein. Langfristig wird zudem der Digitale Euro (D€) als echte digitale Währung die Spielregeln neu definieren – allerdings frühestens Ende des Jahrzehnts.
Fazit
SCT Inst ist gekommen, um zu bleiben. Ob es sich im Massenzahlungsverkehr durchsetzt, hängt vor allem vom Handel ab. Klar ist: Die Vorteile für die Volkswirtschaft sind enorm – niedrigere Kosten, höhere Effizienz und mehr Unabhängigkeit. Auch wenn SCT Inst Karten und Bargeld nicht komplett ersetzen wird, ist es als strategische Basis für Europas Zahlungsverkehr alternativlos.
Der gesamte Artikel wurde bei ibi research an der Universität Regensburg GmbH im Magazin ibi insight veröffentlich:
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